„Technik und Mensch müssen mehr zusammenarbeiten“ – Adriano Pierobon über die Zukunft von eHealth

Immer wieder nutzen wir unsere Netzwerke, um ein Thema zu diskutieren, welches uns sehr am Herzen liegt: Die Zukunft von eHealth. Heute sprachen wir mit Adriano Pierobon, Gerontologe und geschäftsführender Gesellschafter eines bundeweit arbeitenden Pflege- und Betreuungsdienstes.

Herr Pierobon, für die meisten Experten ist eHealth alternativlos. Trotzdem sieht es in der Praxis oft anders aus. Was denken Sie: Wird sich eHealth in Pflege und Gesundheit in Kürze flächendeckend durchsetzen oder bleiben Pflege und Gesundheit Systeme, in denen Wandel nur schleichend seinen Durchbruch findet?

eHealth ist alles andere als alternativlos. Es bietet dem Gesundheitswesen viele Chancen, um eine zügigere Bearbeitung von Fällen zu gewährleisten. So stehen Informationen schneller zur Verfügung stehen und Prozesse insgesamt optimiert werden können.

Theoretisch wurden auch bisher viele großartigen Ideen geplant, doch es schwächelt an der Umsetzung, wie z.B. beim Thema Gesundheitstelematik. Doch unser Gesundheitssystem ist sehr schwerfällig und dadurch kommt es eher zu einem Stillstand, statt zu einem Fortschritt.

Damit eHealth funktioniert, müssen jedoch verschiedene grundlegende Strukturen geschaffen werden. Das fängt beim flächendeckenden Ausbau des Datennetzes in gesamt Deutschland an. Viele Regionen sind immer noch sehr schlecht an das Internet angebunden.

Das aktuelle Pflegepersonal muss an Schulungen teilnehmen, damit der Umgang und die Nutzung mit dem Informationssystem und den neuen Technologien möglich ist. Zudem muss auch der Lehrstoff angepasst werden, damit das zukünftige Pflegepersonal direkt mit diesen Systemen arbeiten kann.

Man muss sich vor Augen halten, wie sehr sich auch dieser Beruf verändert hat und mit eHealth auch weiter verändern wird und auch was dies für die aktuellen Mitarbeiter bedeutet.

Zum Thema Datensicherheit: Wir haben einen gläsernen Patienten. Unmengen an Daten sind zu speichern und somit spielt auch das Thema Datensicherheit eine sehr wichtige Rolle. Denn die Anforderungen an den Datenschutz sind enorm und auch hier muss eine solide Basis geschaffen werden, die die Daten auf der einen Seite schützt und auf der anderen Seite Zugriffe von berechtigten Fachpersonen, auch aus der Pflege, erlaubt.

Technik und Mensch müssen mehr zusammenarbeiten. Momentan sind es eher zwei Systeme, die häufig aufgrund der oben genannten Probleme, nicht miteinander harmonisieren.

In welchem medizinischen Bereich sehen Sie den größten Nutzen von eHealth?

Jeder Bereich im Gesundheitswesen kann von Weiterentwicklungen im Bereich eHealth profitieren. Viel wichtiger ist jedoch, dass auch der Patient davon einen enormen Nutzen hat.

Im Pflegebereich profitieren wir immens von der Digitalisierung. Nicht nur bei der Datenverarbeitung und Weiterleitung, sondern auch im Bereich der Unfallverhütung und Sicherheit. So gibt es verschiedene Notrufsysteme, die Unfälle z.B. Stürze erkennen und automatisch einen Notdienst kontaktieren.

Eine Zukunftsvision sind Biosensoren, die die körperlichen Funktionen überwachen, eine Problemlage frühzeitig erkennen und dementsprechend ein Signal geben könnten. Das kann für viele Patienten auch wieder Freiheit bedeuten.

Die Zukunft in der Pflege könnte sehr spannend aussehen. In vielen Pflegeeinrichtungen haben wir aktuell einen erheblichen Personalmangel. Die Pflegekräfte geben ihr Bestes, doch sie können oftmals nur ihre Standardarbeiten verrichten. Der persönliche Kontakt und Gespräche bleiben häufig dabei auf der Strecke. Nun stehen wir auch noch vor einem demografischen Wandel, der ebenfalls auf diesen Bereich Auswirkungen haben wird. Serviceroboter könnten Pflegekräfte bei verschiedenen Aufgaben unterstützen. Das Pflegepersonal würde dadurch enorm entlastet und könnte sich intensiver um die Patienten kümmern. Für den Patienten selbst könnte das auch mehr Freiheit bedeuten, denn er kann mithilfe des Roboters wieder vermehrt selbstbestimmt agieren.

Wie arbeiten Sie persönlich daran, eHealth in das Pflege- und Gesundheitssystem zu integrieren?

Gab es früher sehr viel Papierkram, so sind heute jedoch die meisten Daten bei uns in digitaler Form vorhanden.

Auch die Kommunikation mit Ärzten läuft vermehrt digital ab. Patientendaten können sicher, problemlos und vor allen Dingen zügig übermittelt werden. Wobei auch erwähnt werden muss, dass sensible Daten auf Papier vorliegen und auch persönlich übermittelt werden.

Unsere Mitarbeiter können ebenfalls schneller und von überall auf die Daten ihrer Patienten zugreifen und damit auch schneller agieren.

Vielen Dank für das Gespräch Herr Pierobon!

Zur Person

Adriano Pierobon ist Gerontologe und seit 30 Jahren geschäftsführender Gesellschafter eines bundeweit arbeitenden Pflegedienstes. Hier findet ihr mehr über ihn und seine Arbeit.

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